Pressemitteilung

Mündliche Verhandlung in Sachen „Spielhallen“

Der Staatsgerichtshof für das Land Baden-Württemberg verhandelt am

Montag, 28. April 2014, 10.30 Uhr
im Sitzungssaal 1 des Oberlandesgerichts Stuttgart,
Olgastr. 2, 70182 Stuttgart

über fünf Verfassungsbeschwerden, die sich gegen die Spielhallen betreffenden Regelungen im Landesglücksspielgesetz (LGlüG) und im Glücksspielstaatsvertrag (GlüStV) 2011 richten.

1. Die Beschwerdeführerinnen sind Gesellschaften, die in Baden-Württemberg an verschiedenen Standorten Spielhallen betreiben. Aufgrund der angegriffenen Regelungen sind sie gezwungen, zum Teil bereits seit 1. Juli 2013, zum Teil möglicherweise ab 1. Juli 2017, Spielhallen zu schließen.

Der am 15. Dezember 2011 von den Ministerpräsidenten der Länder unterzeichnete Glücksspielstaatsvertrag sieht für Spielhallen besondere Betreiberpflichten - wie die Pflicht zur Erstellung eines Sozialkonzepts - und eine neue landesrechtliche Erlaubnis vor. Diese ist zu versagen, wenn die Spielhalle in einem baulichen Verbund mit wei-teren Spielhallen steht. Außerdem müssen die Länder Mindestabstände zwischen Spielhallen einführen. Die Übergangsregelung zum Glücksspielstaatsvertrag sieht vor, dass Spielhallen, denen bis 28. Oktober 2011 - dem Tag des Beschlusses der Ministerpräsidentenkonferenz über den Staatsvertrag - eine Spielhallenerlaubnis nach § 33i der Gewerbeordnung (GewO) erteilt wurde, bis 30. Juni 2017 keine landesrechtliche Erlaubnis benötigen. Für Spielhallen, deren Erlaubnis nach § 33i GewO erst nach dem 28. Oktober 2011 erteilt wurde, ist bereits seit 1. Juli 2013 eine landesrechtliche Erlaubnis erforderlich. Das Land hat diese Regelungen ins Landes-glücksspielgesetz (LGlüG) übernommen. Zudem hat es festgelegt, dass Spielhallen zwingend einen Abstand von 500 m zueinander und zu Einrichtungen zum Aufenthalt von Kindern und Jugendlichen einhalten müssen (§ 42 Abs. 1 und 3 LGlüG). Darüber hinaus schreibt Baden-Württemberg als einziges Bundesland vor, dass Spielhallen Einlasskontrollen durchführen sollen, bei denen die Personalien der Besucher mit der zentral von Hessen geführten Sperrdatei abzugleichen sind. Diese Verpflichtung gilt im Übrigen nur für Spielbanken, Veranstalter von Sportwetten und bestimmte Lotterien.

2. Mit ihren Verfassungsbeschwerden gegen diese Regelungen machen die Beschwerdeführerinnen insbesondere eine Verletzung der Berufsfreiheit (Art. 2 Abs. 1 LV und Art. 12 Abs. 1 GG), der Eigentumsgarantie in Verbindung mit dem Grundsatz des Vertrauensschutzes (Art. 2 Abs. 1 LV, Art. 14 Abs. 1 GG und Art. 23 Abs. 1 LV) sowie des allgemeinen Gleichheitssatzes (Art. 2 Abs. 1 LV in Verbindung mit Art. 3 Abs. 1 GG) geltend.

Die Beschwerdeführerinnen meinen, das Land sei für den Erlass der genannten Regelungen nicht zuständig. Die den Ländern durch die Föderalismusreform I in Art. 74 Abs. 1 Nr. 11 GG übertragene Kompetenz „Recht der Spielhallen“ erlaube keine den Betrieb von Geldspielautomaten einschränkenden Landesregelungen. Für das Automatenspiel ebenso wie für das gleichfalls betroffene Städtebaurecht sei weiter allein der Bund zuständig. Der Staatsgerichtshof dürfe einen Verstoß gegen die Kompetenzordnung des Grundgesetzes selbst feststellen und die betroffenen Landesregelungen verwerfen.

Außerdem seien das neue landesrechtliche Erlaubniserfordernis, das Verbot von Verbundspielhallen sowie die Abstandsgebote unverhältnismäßig. Sie führten dazu, dass kaum noch Spielhallen zulässig seien. Ein wirtschaftlicher Betrieb sei nicht mehr möglich. Die Regelungen führten zu einer Enteignung. Die Übergangsfristen seien zu kurz. Zudem knüpfe die Übergangsregelung in verfassungswidriger Weise an den Beschluss der Ministerpräsidenten über den Glücksspielstaatsvertrag vom 28. Oktober 2011 als Stichtag an. Durch diesen nicht öffentlich gefassten Beschluss habe das Vertrauen in die bisherigen Regelungen nicht zerstört werden können. Die Pflicht zum Abgleich der Personalien der Spielhallenbesucher mit der zentralen Sperrdatei sei verfassungswidrig, weil dies der Glücksspielstaatsvertrag, auf den das Landesglücksspielgesetz verweise, gar nicht vorsehe. Soweit die Personalien der Besucher auch zur Kontrolle des Alters zwingend erhoben werden müssten, sei dies Schikane. Auch die übrigen für Spielhallenbetreiber geltenden Vorschriften seien verfassungswidrig, wie die Pflicht zur Erstellung eines Sozialkonzepts.

1 VB 15/13

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