Pressemitteilung

Verfassungsbeschwerde der Stadt Isny gegen das Urteil des OLG Stuttgart vom 8. April 2014 zurückgewiesen

Der Staatsgerichtshof für das Land Baden-Württemberg hat mit einem heute veröffentlichten Beschluss die Verfassungsbeschwerde der Stadt Isny gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Stuttgart vom 8. April 2014 (10 U 115/13) als offensichtlich unbegründet zurückgewiesen. Der Antrag der Beschwerdeführerin auf Erlass einer einstweiligen Anordnung hat sich damit erledigt.

1. Gegenstand des der Verfassungsbeschwerde zugrundeliegenden Verfahrens vor dem Oberlandesgericht war das Begehren der Beschwerdeführerin, den Landkreis Ravensburg zum weiteren Betrieb des von ihm getragenen Krankenhauses in Isny zu verpflichten. Mit dem angegriffenen Urteil wurde zum einen die Berufung der Beschwerdeführerin gegen das klageabweisende Urteil des Landgerichts Ravensburg abgewiesen, zum anderen die einstweilige Verfügung des Oberlandesgerichts Stuttgart vom 13. Februar 2013 aufgehoben, die den Landkreis Ravensburg zum Weiterbetrieb des Krankenhauses bis zur rechtskräftigen Entscheidung in der Hauptsache beziehungsweise einer damals noch für möglich erachteten Einigung der Parteien verpflichtet hatte. Zum Inhalt des Urteils vom 8. April 2014 wird auf die im Internet abrufbare ausführliche Pressemitteilung des Oberlandesgerichts Stuttgart vom selben Tag verwiesen.

Die Beschwerdeführerin hat am 23. April 2014 Verfassungsbeschwerde erhoben und den Erlass einer einstweiligen Anordnung beantragt. Sie hat die Auffassung vertreten, die Aufhebung der einstweiligen Verfügung und die ihr zugrunde liegende Verfahrensweise des Oberlandesgerichts verletze neben der Rechtsschutzgarantie insbesondere ihr Recht auf den gesetzlichen Richter und die Gewährung rechtlichen Gehörs.

Der Staatsgerichtshof hat den Landkreis gebeten, bis zu einer Entscheidung über den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung von der Schließung des Krankenhauses abzusehen, und gleichzeitig Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben, die der Landkreis wahrgenommen hat.

2. Die Verfassungsbeschwerde hat keinen Erfolg, da sie offensichtlich unbegründet ist.

Eine Verfassungsbeschwerde ist „offensichtlich unbegründet“ im Sinne von § 58 Abs. 2, 3 und 5 StGHG, wenn der Staatsgerichtshof zum Zeitpunkt der Entscheidung der Auffassung ist, dass - über das von den Parteien Vorgetragene hinaus - kein Gesichtspunkt erkennbar ist, der dem gestellten Antrag zum Erfolg verhelfen könnte. Nach diesem Maßstab ist die Verfassungsbeschwerde offensichtlich unbegründet, denn sie hat unter keinem Gesichtspunkt Erfolg.

a) Dies gilt zunächst, soweit die Beschwerdeführerin rügt, in ihrem Recht auf den gesetzlichen Richter nach Art. 2 Abs. 1 LV in Verbindung mit Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG verletzt zu sein.

Nach Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG darf niemand seinem gesetzlichen Richter entzogen werden. Dies bedeutet, dass nur der Richter tätig werden und entscheiden darf, der in den allgemeinen Normen der Gesetze und der Geschäftsverteilungspläne der Gerichte dafür vorgesehen ist.

Dies war der Fall, denn das Oberlandesgericht Stuttgart war als Gericht der Hauptsache auch für die Entscheidung über die Aufhebung der einstweiligen Verfügung zuständig und dabei auch vorschriftsmäßig besetzt.

b) Auch in ihrem Anspruch auf Gewährung rechtlichen Gehörs aus Art. 2 Abs. 1 LV in Verbindung mit Art. 103 Abs. 1 GG ist die Beschwerdeführerin nicht verletzt. Dabei kann offen bleiben, ob der Vortrag der Beschwerdeführerin hierzu nicht bereits die Anforderungen an eine substantiierte Begründung der Verfassungsbeschwerde verfehlt, denn das Oberlandesgericht hat nicht gegen Art. 2 Abs. 1 LV in Verbindung mit Art. 103 Abs. 1 GG verstoßen.

Art. 103 Abs. 1 GG verpflichtet das Gericht, den Verfahrensbeteiligten Gelegenheit zur Stellungnahme zu den in Rede stehenden Sach- und Rechtsfragen zu geben. Daraus folgt jedoch nicht, dass das rechtliche Gehör in einer bestimmten Form gewährt werden muss oder ein Verstoß gegen den Anspruch auf rechtliches Gehör bereits dann vorliegt, wenn eine gesetzlich vorgeschriebene mündliche Verhandlung nicht anberaumt wurde.

Diesem verfassungsrechtlichen Maßstab an die Gewährung rechtlichen Gehörs hat das Oberlandesgericht genügt.

aa) Das Oberlandesgericht hat der Beschwerdeführerin bereits im Rahmen der Berufungsverhandlung am 17. März 2014 Gelegenheit gegeben, zum Antrag des Landkreises auf Aufhebung der einstweiligen Verfügung Stellung zu nehmen. Damit hatte die Beschwerdeführerin Gelegenheit, im Rahmen einer mündlichen Verhandlung zu diesem Antrag vorzutragen und über ihn zu verhandeln. Im Anschluss daran hat das Oberlandesgericht der Beschwerdeführerin noch ein Schriftsatzrecht bis zum 24. März 2014 gewährt. Hiervon hat sie auch Gebrauch gemacht. Es ist nicht vorgetragen und auch sonst nicht ersichtlich, dass sie sich hierbei im Vertrauen darauf, dass die von ihr beantragte - weitere - mündliche Verhandlung stattfinden werde, auf das Notwendigste beschränkt hätte, um darüber hinaus gehenden Vortrag in der Verhandlung vorzubringen. Das Oberlandesgericht hat hierzu auch keine Veranlassung gegeben, denn es wollte für alle Beteiligten erkennbar an dem festgesetzten Verkündungstermin festhalten und nicht nochmals in die mündliche Verhandlung eintreten.

bb) Es ist auch nicht zu erkennen, inwiefern die Entscheidung des Oberlandesgerichts auf dem behaupteten Gehörsverstoß beruhen sollte. Die Beschwerdeführerin trägt nicht vor, an welchem neuen Tatsachenvortrag oder Beweisantritt sie durch die Entscheidung des Oberlandesgerichts, keine weitere Verhandlung anzuberaumen, gehindert gewesen wäre. Es ist weder vorgetragen noch sonst ersichtlich, dass das Oberlandesgericht seiner Entscheidung Tatsachen oder Beweisergebnisse zugrunde gelegt hätte, zu welchen sich die Beschwerdeführerin nicht hätte äußern können. Das Oberlandesgericht hat auch den Vortrag der Beschwerdeführerin aus ihrem nachgelassenen Schriftsatz vom 24. März 2014 in seinem Urteil vom 8. April 2014 berücksichtigt.

c) Auch der allgemeine Justizgewährungsanspruch ist offensichtlich nicht verletzt. Dabei kann dahinstehen, ob sich die Beschwerdeführerin als juristische Person des öffentlichen Rechts überhaupt auf den allgemeinen Justizgewährungsanspruch berufen kann. Denn das angegriffene Urteil des Oberlandesgerichts steht mit den daraus folgenden verfassungsrechtlichen Anforderungen in Einklang.

Der allgemeine Justizgewährungsanspruch beinhaltet unter anderem das Recht auf effektiven gerichtlichen Rechtsschutz, wozu auch der Anspruch auf rechtzeitigen Rechtsschutz gehört. Das Gebot wirkungsvollen Rechtsschutzes verlangt daher die Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes, wenn andernfalls irreversible Zustände oder  Schäden eintreten würden. In die Entscheidungsfindung sind die betroffenen Interessen beider Parteien und die Erfolgsaussichten weiterer Rechtsmittel einzubeziehen, was das Oberlandesgericht in nicht zu beanstandender Weise getan hat.

1 VB 19/14
1 VB 20/14

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