Pressemitteilung

Staatsgerichtshof weist erneut einen Antrag auf Aussetzung der Volksabstimmung zu Stuttgart 21 zurück

Der Antragsteller, ein Rechtsanwalt, hatte am 4. November 2011 beantragt, die Volksabstimmung auszusetzen, bis seine Fragen zur Rechtmäßigkeit des zur Abstimmung gestellten Gesetzes sowie zu den dort vorgesehenen Kündigungsrechten, die er an den Ministerpräsidenten gerichtet habe, beantwortet seien.

Der Staatsgerichtshof hat den Antrag heute als unzulässig verworfen. Er hat festgestellt, dass die beantragte Maßnahme als einstweilige Anordnung gemäß § 25 Abs. 1 des Gesetzes über den Staatsgerichtshof (StGHG) nur in einem anhängigen Verfahren zulässig wäre. Der Antragsteller habe ein Hauptsacheverfahren aber weder anhängig gemacht, noch wäre ein zulässiges Hauptsacheverfahren des Antragstellers möglich.

Nach § 21 Abs. 4 des Volksabstimmungsgesetzes (VAbstG) könne der Staatsgerichtshof zwar auf Einspruch Volksabstimmungen unter den in Nr. 1 und 2 der Vorschrift näher bezeichneten Voraussetzungen für ungültig erklären. § 21 Abs. 4 VAbstG eröffne aber lediglich die Möglichkeit der nachträglichen Überprüfung einer bereits durchgeführten Volksabstimmung. Eine vorbeugende rechtliche Kontrolle einer erst noch durchzuführenden Volksabstimmung durch den Staatsgerichtshof sei nach der Landesverfassung, dem Gesetz über den Staatsgerichtshof und dem Volksabstimmungsgesetz auch nicht in einer anderen Verfahrensart möglich.


Beschluss vom 10. November 2011
Aktenzeichen: GR 8/11

68 Abs. 1 Nr. 1 LV:  Es wird ein Staatsgerichtshof gebildet. Er entscheidet

1. über die Auslegung dieser Verfassung aus Anlass von Streitigkeiten über den Umfang der Rechte und Pflichten eines obersten Landesorgans oder anderer Beteiligter, die durch die Verfassung oder in der Geschäftsordnung des Landtags oder der Regierung mit eigener Zuständigkeit ausgestattet sind,…

§ 44 StGHG: Antragsteller und Antragsgegner können nur der Landtag und im Falle des Art. 36 der Verfassung der Ständige Ausschuss des Landtags, die Regierung und die in der Verfassung oder in der Geschäftsordnung des Landtags oder der Regierung mit eigener Zuständigkeit ausgestatteten Teile dieser Organe sein.

§ 17 StGHG: Entscheidungen, die außerhalb der mündlichen Verhandlung nötig werden, trifft der Vorsitzende mit Zustimmung von mindestens zwei Richtern. Ein Antrag auf Eröffnung des Verfahrens, der formwidrig, unzulässig, verspätet oder offensichtlich unbegründet oder von einem Nichtberechtigten gestellt ist, kann im schriftlichen Verfahren verworfen werden, sofern sämtliche Richter zustimmen. Die Entscheidung erfolgt durch Beschluss, der keiner Begründung bedarf.

§ 21 VAbstG:
(1) Volksabstimmungen können beim Staatsgerichtshof mittels Einspruchs angefochten werden. Der Einspruch kann auf die Anfechtung der Volksabstimmung in einzelnen Stimmkreisen oder Stimmbezirken beschränkt werden.

(2) Einspruchsberechtigt ist jeder Stimmberechtigte, in amtlicher Eigenschaft auch der Landesabstimmungsleiter. Der Einspruch muss binnen eines Monats nach der öffentlichen Bekanntmachung des Abstimmungsergebnisses (§ 19) schriftlich beim Staatsgerichtshof eingereicht werden; er ist zu begründen.

(3) Wer Einspruch eingelegt hat, ist Antragsteller im Sinne von § 9 Abs. 1 des Gesetzes über den Staatsgerichtshof vom 13. Dezember 1954 (GBl. S. 171). Prozessbeteiligte im Sinne dieser Vorschrift sind außerdem das Innenministerium, der Landesabstimmungsleiter, auch wenn er nicht Antragsteller ist, und der oder die zuständigen Kreisabstimmungsleiter, wenn Maßnahmen oder Entscheidungen auf der Kreis- oder Gemeindestufe zu der Anfechtung der Volksabstimmung Veranlassung gegeben haben.

(4) Der Staatsgerichtshof hat Volksabstimmungen auf Einspruch insoweit für ungültig zu erklären, als der Erfolg der Abstimmung (§ 18 Abs. 3 Satz 2) dadurch beeinflusst worden sein kann, dass

1. bei der Vorbereitung oder Durchführung der Volksabstimmung zwingende Vorschriften dieses Gesetzes oder der Stimmordnung unbeachtet geblieben oder unrichtig angewendet worden sind

oder

2. in Bezug auf die Volksabstimmung vollendete Vergehen im Sinne der §§ 107, 107 a, 107 b, 107 c, 108, 108 a oder 108 b in Verbindung mit § 108 d oder im Sinne des § 240 des Strafgesetzbuchs begangen worden sind.

(5) …

// //