Das Gesetz über den Verfassungsgerichtshof (VerfGHG) regelt im Einzelnen das Verfahren des Verfassungsgerichtshofs. Für die verschiedenen Verfahrensarten gelten jeweils besondere Regelungen.
Für das Verfahren des Verfassungsgerichtshofs gelten nachstehende Grundsätze: Der Verfassungsgerichtshof wird nur auf fristgebundenen Antrag tätig. Den das Verfahren einleitenden Antrag kann jeder, der als Beteiligter in Betracht kommt, selbst stellen. In der mündlichen Verhandlung muss sich jeder Beteiligte durch einen Verfahrensbevollmächtigten vertreten lassen. Der Verfassungsgerichtshof entscheidet grundsätzlich nach öffentlicher mündlicher Verhandlung in voller Besetzung. Das Verfahren ist grundsätzlich kostenfrei.
Einleitung der Verfahren
Die Verfahren werden eingeleitet mit zu begründenden schriftlichen Anträgen, in denen die erforderlichen Beweismittel anzugeben sind. Wer Anträge stellen kann und als Beteiligter in Betracht kommen kann, richtet sich nach den Besonderheiten der jeweiligen Verfahrensart. Eine elektronische Einreichung von Anträgen, Schriftsätzen und Eingaben (zum Beispiel per E-Mail oder per elektronischem Anwaltspostfach) ist nicht zulässig.
Verfahrensbevollmächtigte
Für die Beteiligten können in jeder Lage der Verfahren schriftlich und ausdrücklich für das betreffende Verfahren Bevollmächtigte auftreten. In der mündlichen Verhandlung müssen die Beteiligten sich vertreten lassen. Als Prozessvertreter kommen in Betracht
- ein Rechtsanwalt oder ein Lehrer des Rechts an einer staatlichen oder staatlich anerkannten Hochschule eines Mitgliedstaates der Europäischen Union, eines anderen Vertragsstaates des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum oder der Schweiz, der die Befähigung zum Richteramt besitzt,
- für den Landtag oder eine Gruppe von Abgeordneten auch ein Abgeordneter,
- für das Land, die Landesregierung und Organe des Landes auch ein Mitglied der Landesregierung, ein Richter oder ein zum Richteramt befähigter Beamter,
- für Gemeinden oder Gemeindeverbände auch eine zu ihrer gesetzlichen Vertretung befugte Person, ein Richter oder ein zum Richteramt befähigter Beamter.
Fristen
Für die einzelnen Verfahrensarten sind jeweils besondere Fristen zu beachten.
Mündliche Verhandlung
Grundsätzlich entscheidet der Verfassungsgerichtshof aufgrund mündlicher Verhandlung, die auch stattfindet, wenn Beteiligte – auch Antragsteller – nicht erschienen oder vertreten sind. Mit Zustimmung aller Prozessbeteiligten kann der Verfassungsgerichtshof einstimmig beschließen, dass ohne mündliche Verhandlung entschieden wird. Entscheidungen, die außerhalb der mündlichen Verhandlung nötig werden, trifft der Vorsitzende mit Zustimmung von mindestens zwei Richtern. Ein Antrag auf Eröffnung des Verfahrens, der formwidrig, unzulässig, verspätet oder offensichtlich unbegründet oder von einem Nichtberechtigten gestellt ist, kann im schriftlichen Verfahren durch Beschluss, der keiner Begründung bedarf, verworfen werden, sofern sämtliche Richter zustimmen.
Über Verfassungsbeschwerden entscheidet der Verfassungsgerichtshof dagegen in der Regel ohne mündliche Verhandlung. Unzulässige oder offensichtlich unbegründete Verfassungsbeschwerden kann der Verfassungsgerichtshof in einem schriftlichen Verfahren durch einstimmigen Beschluss einer aus drei Richtern bestehenden Kammer zurückweisen.
Über Verzögerungsbeschwerden entscheidet eine aus drei Richtern bestehende Beschwerdekammer ohne mündliche Verhandlung.
Der Verfassungsgerichtshof kann Beweis erheben entweder in voller Besetzung oder durch eines seiner Mitglieder als beauftragten Richter oder durch ein anderes darum ersuchtes Gericht. Die Beteiligten werden von jeder Beweisaufnahme informiert, können an jeder Beweisaufnahme teilnehmen und Fragen stellen.
Entscheidungen
Der Verfassungsgerichtshof entscheidet nach mündlicher Verhandlung in geheimer Beratung nach freier, aus dem Inhalt der Verhandlung und dem Ergebnis der Beweisaufnahme geschöpfter Überzeugung seiner Mitglieder mit einfacher Mehrheit im Namen des Volkes durch Urteil. Das Urteil ist schriftlich zu begründen. Der Vorsitzende verkündet das Urteil durch Verlesen des entscheidenden Teiles bei versammeltem Gericht öffentlich.
Urteile haben Gesetzeskraft, wenn sie eine Rechtsvorschrift für gültig oder als mit der Verfassung unvereinbar oder nichtig erklären oder feststellen, wie eine Verfassungsbestimmung auszulegen ist. In diesen Fällen veröffentlicht der Präsident des Verfassungsgerichtshofs die Entscheidungsformel im Gesetzblatt.
Einstweilige Entscheidungen
Der Verfassungsgerichtshof kann in einem anhängigen Verfahren einen Zustand durch einstweilige Anordnung vorläufig regeln, soweit es zur Abwehr schwerer Nachteile, zur Verhinderung drohender Gewalt oder aus einem anderen wichtigen Grunde zum gemeinen Wohl dringend geboten ist. Sie kann ohne mündliche Verhandlung ergehen.
Rechtliches Gehör
Der Verfassungsgerichtshof darf seinen Entscheidungen nur Tatbestände und Beweismittel zugrundelegen, zu denen sich zu äußern alle Prozessbeteiligten Gelegenheit hatten. Vor Erlass einer einstweiligen Anordnung ist der Antragsgegner zu hören, soweit deren Zweck dadurch nicht gefährdet wird.
Kosten
Das Verfahren vor dem Verfassungsgerichtshof ist kostenfrei. Im Falle mutwilliger Rechtsverfolgung können dem Antragsteller die Kosten auferlegt werden. Der Verfassungsgerichtshof kann die volle oder teilweise Erstattung von Auslagen der Beteiligten anordnen.
Ist eine Verfassungsbeschwerde unzulässig oder offensichtlich unbegründet, kann der Verfassungsgerichtshof dem Beschwerdeführer eine Gebühr bis zu 2.000 Euro auferlegen oder bereits die Weiterführung des Verfahrens von der Einzahlung eines entsprechenden Kostenvorschusses abhängig machen.
Geschäftsordnung
Der Verfassungsgerichtshof regelt im Übrigen sein Verfahren und den Geschäftsgang in einer Geschäftsordnung.